Fokussierte Ionenstrahlen: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 21. April 2010, 13:24 Uhr
Ein fokussierter Ionenstrahl (kurz FIB=focused ion beam) ist eine Anlage zur Oberflächenanalyse und -bearbeitung. Im Speziellen bedeutet das die Oberflächenmikroskopie, präzise Dotierung und das Abtragen von dünnen Schichten (Sputtern).
Inhaltsverzeichnis
Was erhalte ich durch die Anwendung einer Anlage "fokussierete Ionenstrahlen"?
Verwendet man eine Anlage "fokussierte Ionenstrahlen" erhält man:
- das gezielte Dotieren des Festkörpers (Implantation)
- das gezielte Abtragen des Targetmaterials
- eine Oberflächenabbild der Probe
Am Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik stehen 6 verschiedene FIB-Anlagen zur Verfügung.
Physikalischer Hintergrund
Treffen Ionen auf die Oberfläche eines Festkörpers, wechselwirken diese durch inelastische und elastische Stöße mit den Elektronen und Atomkernen des Festkörpers. Eine Folge von inelastischen Stößen ist die Emission von Sekundärelektronen, deren Detektion als Stanardmethode zur Bilderzeugung (aufgrund von "hell-dunkel"-Informationen) in fokussierten Ionenstrahl (kurz: FIB=focused ion beam) Systemen genutzt wird.
Sputtering ist ein Effekt von elastischen Stößen des einfallenden Ions mit den Atomen des Festkörpers. Hierbei bedeutet Oberflächenzerstäubung das Feisetzen von neutralen oder geladenen Atomen als Folge des Ionenbeschusses. Wenn energiereiche Ionen mit Ionenenergien von einigen keV auf eine Festkörperoberfläche auftreffen, wird Energie an die Gitteratome des Festkörpers übertragen. Die Primärionen mit Energien von einigen keV dringen bis zu 100 tief ein. Dabei wird das Ion abgebremst und es entwickelt sich aufgrund des Impulsübertrages eine Kette von Stößen zwischen den Festkörperatomen. Rückstoßatome entstehen, die sich durch den Festkörper bewegen und mit anderen Atomen zusammenstoßen. So bildet sich eine Stoßkaskade. Wenn der Impulsübertrag durch die Stoßkaskade an die Oberflächenatome groß genug ist, können Atome die Oberflächenbindung aufbrechen und den Festkörper verlassen. Für den Sputterprozess gibt es, abhängig von der Ion-Target Kombination, eine charakteristische Schwellenenergie von etwa 10-30 eV. Bei größeren Energien nimmt die Eindringtiefe zu. Die Sputterrate, die mittlere Zahl der emittierten Targetatome pro auftreffendem Primärion, steigt mit zunehmender Ionenenergie mit einem Maximum bei einigen 10keV.
Bei noch größeren Energien nimmt die an die Oberfläche übertragene Energie ab. Wie effizient diese Stoßkaskaden sind, hängt von der Primärionenenergie und dem Massenverhältnis zwischen Targetatom un d Primärion ab. Dadurch lassen sich drei Arten von Stoßkaskaden klassifizieren, die sich hinsichtlich ihrer Anzahl an Rückstoßatomen unterscheiden:
- Ein Einzelteilchenstoß (single-knock-on) findet bei Beschuss mit leichten Primärionen, oder bei niedrigen Ionenenergien statt. Stoßkaskaden entstehen hier nicht. Eine einzelne Kollision zwischen zwei Stoßpartnern führt zum Impulsübertrag. Wenn die Energie ausreicht, kann ein oberflächennahes Atom die Oberflächenenergie überwinden. Die Sputterrate ist hier proportional zum Stoßquerschnitt.
- Die lineare Stoßkaskade (linear collision cascade) findet bei moderaten Ionenenergien 1keV < < 100keV und einem Massenverhältnis von ungefähr eins zu eins statt. Der Impulsübertrag entsteht in Folge von binären Stößen. Eine Stoßkaskade bildet sich und in dem Fall, dass die in Richtung der Oberfläche übertragene Energie ausreicht um die Oberflächenbindungsenergie zu überwinden, verlassen einige der oberflächennahen Atome den Festkörper. Die Sputterrate ist proportional zur Energiedeposition pro Tiefeneinheit. Der Linearkaskadenprozess ist der häufigste Prozess beim Arbeiten mit FIB-Systemen.
- Nicht-lineare Stoßkaskaden (spike) treten bei schweren Primärionen und großer Ionenenergie > 100keV auf. Die Kollisionskaskade ist hier so dicht, dass sich ihre Äste überlappen. Dadurch bewegen sich die meisten Atome während der Kollision in einem begrenzten Volumen (Spikevolumen). Dies führt auch zur Zerstörung der lokalen Festkörperstruktur. Dieser Fall wird nur selten bei FIB-Anwendungen erreicht. Die Sputterrate ist proportional zur Energiedeposition pro Volumeneinheit.
Aufbau einer FIB-Anlage
Die Hauptbestandteile eines FIB-Systems sind eine Flüssigmetall-Ionenquelle (kurz LMIS=liquid metal ion source), eine ionenoptische Säule, ein Probentisch, ein Vakuumsystem, Detektoren und ein Computersystem zum Steuern der Anlage. Diese Bestandteile werden im Folgenden kurz beschrieben.
Die hierbeschriebene Anlage Fraise ist eine Stand-Alone Anlage, also ein Single-Beam Instrument, das nicht in ein weiteres Analysegerät integriert ist. Diese Anlage eignet sich gut zur Mikrostrukturierung von Proben, da sie kein (E x B))-Filter und nur eine Blende besitzt, wodurch hohe Strahlströme erzielt werden können. Die maximale Beschleunigungsspannung liegt bei 30kV.
- LMIS: Die LMIS besteht aus einer Nadel (Wolfram, Niob) mit einem Reservoir für das Quellenmaterial, um das sich eine Heizwendel befindet. Dieser Teil ist an einer Stromzuführung befestigt. Um eine Ionenemission zu erreichen, wird die Quelle zuerst auf den Schmelzpunkt des vorhandenen Quellenmetalls erhitzt, damit das Metall flüssig wird, wodurch die Nadel benetzt wird. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Quelle nicht überhitzt wird, weil sonst das ganze Metall schnell verdampfen kann. Zwischen der Nadel und der Extraktionsblende wird nun eine hohe positive Extraktionsspannung von einigen Kilovolt angelekt (bis zu etwa 12kV). Das elektrische Feld erzeugt an der benetzten Nadelspitze einen sogenannten Tylorkonus mit einem halben Öffnungswinkel von 49,3°. Die Konusform ergibt sich aus dem Gleichgewicht zwischen der Oberflächenspannung und der elektrostatischen Kraft.
Die Extraktionsspannung bestimmt die Größe des Extraktionsstroms. Normalerweise arbeitet man bei niedrigen Emissionsströmen von wenigen Mikroampere, um die Breite der Energieverteilung und die Coulombwechselwirkungen im Ionenstrahl zu minimieren. Die Coulombwechselwirkungen beim Emissionspunkt bewirken, dass sich die positiv geladenen Ionen untereinander abstoßen, wodurch die Ionen eine größere Transversalgeschwindigkeit bekommen. Da der Strahlstrom in der FIB-Säule und auf dem Target nur noch eine Sträke von einigen Nanoampere und weniger besitzt, ist dort die freie Weglänge der Ionen deutlich größer. Daher spielen die Coulombwechselwirkungen nur im Quellenbereich eine deutliche Rolle. Bei größeren Emissionsströmen wächst außerdem der Anteil von Klustern im Ionenstrahl, was den Quellendurchmesser erheblich vergrößert.
- Ionenoptische Säule: In der ionenoptischen Säule werden die aus der LMIS extrahierten Ionen auf das Probenmaterial beschleunigt und fokussiert. Sie hat zwei elektrostatische Linsen, die in der Regel Kondensorlinse und Objektivlinse genannt werden. Die Kondensorlinse bündelt den Ionenstrahl und die Objektivlinse fokussiert ihn auf die Probe. Das Verändern der Linsenspannungen erzeugt verschiedene Strahlengänge. Mit Blenden von unterschiedlichen Durchmessern kann man die Strahlgröße und den Strahlstrom(der über ein Faraday-Cup gemessen wird) zusätzlich zu den Linsen nochmals optimieren. Zur Steuerung des Ionenstrahls dient ein Deflektor- und ein Blankingsystem. Wie bei den Linsen erfolgt die Ablenkung des Strahls elektrostatisch. Plattenpaare für x- und y-Ablenkung, Quadrupole oder Oktupole erzeugen elektrische Felder, die den Strahl ablenken und über die Probe führen. Durch die maximal mögliche Ablenkung, die von der geometrischen Anordnung und der Beschleunigungsspannung abhängt, wird das Schreibfeld der FIB-Anlage definiert. Das Wegführen des Strahls von der Probe (blanking) kann ebenfalls durch verschiedene Plattenanordnungen erreicht werden.
- FIB-Steuerung: Die Anlagen werden mithilfe LabViews gesteuert.
Hardware- & Softwareanwendung
Da alle FIB-Anlagen unterschiedlich sind, ist die Hardware- und Softwareanwendung bei jedem System anders. Es bedarf hier in beiden Fällen einer Unterweisung an der Anlage/den Anlagen selbst.